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Einleitung und Ziele
12.04.2000  
1 1. EINLEITUNG UND ZIELE

1.1 Fließgewässer und ihr Einzugsgebiet

Fließgewässer sind das Produkt der spezifischen naturräumlichen Gegebenheiten ihres Einzugsgebiets. Große Flüsse und Ströme sind über ihre Nebengewässersysteme mit der Landschaft verbunden. Da der Kontakt zwischen der Vielzahl kleiner Fließgewässer und ihrem Umland besonders intensiv ist - beispielsweise beträgt das Verhältnis der Lauflängen von kleinen zu großen Fließgewässern mehr als 100:1 - hängt der Wasser- und Stoffhaushalt großer Ströme insbesondere von der naturräumlichen Ausstattung der Landschaft und ihrer Nutzung ab.

Deshalb führt nur eine ganzheitliche, auf das Einzugsgebiet bezogene Betrachtungsweise zu einem ausreichenden Verständnis der natürlichen Funktionen und Wechselwirkungen im Fließgewässer-Ökosystem. Sie ist eine Grundvoraussetzung für die Lösung von Problemen, die im Zusammenhang mit der Landnutzung, insbesondere der Landbewirtschaftung, entstehen.

So heißt es beispielsweise im Nationalbericht der Bundesrepublik Deutschland zur Konferenz für Umwelt und Entwicklung der UN 1992 in Rio: "Trotz [...] positiver Umweltleistungen waren [...] noch keine Anzeichen für eine nachhaltige Trendwende in der Naturbelastung durch die Landwirtschaft erkennbar. Die Umwelt- und Agrarminister von Bund und Ländern sind sich einig in der Erkenntnis, daß hier erheblicher Handlungsbedarf besteht. [...] Dabei wird die Situation in den neuen Ländern eine besondere Rolle spielen."

1.2 Das Einzugsgebiet der Elbe

Die Elbe ist mit einer Länge von ca. 1.100 km und einem Einzugsgebiet von ca. 148.000 km² (vgl. Abbildung im Anhang) eine der größten Stromlandschaften Mitteleuropas. Ihr Gewässersystem bestimmt in weiten Teilen der Tschechischen Republik (ca. 34% des Gesamteinzugsgebietes) und Deutschlands (ca. 65% des Gesamteinzugsgebietes) den Landschaftshaushalt. Etwa 73% der Gesamtfläche der neuen Bundesländer läßt sich dem Einzugsgebiet der Elbe zuordnen. Sie galt bis vor kurzem als einer der am meisten verschmutzten Flüsse Europas. Durch wirtschaftliche Umstrukturierungen und den Bau von Kläranlagen konnten die punktuellen Einleitungen deutlich reduziert werden; die diffusen Stoffeinträge stehen zunehmend im Vordergrund. Ein Großteil der diffus eingetragenen Stoffe entstammt dem Verursacherbereich Landwirtschaft. Etwa 12-13% der gesamten derzeitigen Stickstoff- und Phosphor-Eintragsbelastung der Nordsee stammen aus dem Elberaum. Zeitreihenmessungen zur Eutrophierungsentwicklung in der Deutschen Bucht zeigen immer noch sprunghaft steigende Nitrat-Konzentrationen an, die mit Hochwassern der Elbe korreliert sind. Die Erzielung einer deutlichen Reduzierung der Stickstoffeinträge in die Nordsee mit dem Elbe-Strom ist nur durch die kurzfristige Umsetzung flächendeckender Gewässerschutzkonzepte im Einzugsgebiet zu erreichen; die durchzuführenden Maßnahmen dienen gleichzeitig dem Schutz des Grund- und Trinkwassers vor zu hohen Stickstoffbelastungen. Die Verwirklichung der von der Bundesrepublik auf den Internationalen Nordseeschutzkonferenzen eingegangenen Verpflichtung zu einer 50%-igen Reduzierung der Nährstoffeinträge im Zeitraum 1985-1995 ist - insbesondere für Stickstoff - sonst nicht einzuhalten.

Im gemeinsamen Positionspapier der wissenschaftlichen Gesellschaften und Verbände des Agrar- und Wasserfaches zum verstärkten Gewässerschutz im Verursacherbereich Landwirtschaft von 1993 heißt es: "Der wissenschaftliche Kenntnisstand über effiziente Vermeidungsmaßnahmen ist bereits sehr umfangreich. Die gravierenden Defizite liegen nach wie vor bei der Umsetzung dieser Maßnahmen in die landwirtschaftliche Praxis."

Mit dem Leitbegriff "Sustainable Development" der Agenda 21 der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung von 1992 wird für zukünftige Entwicklungsziele eine Vernetzung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Entwicklungsfaktoren gefordert. Unterstützt wird diese fachübergreifende Betrachtungsweise auch vom Sachverständigenrat für Umweltfragen in seinem Umweltgutachten von 1994, in dem es heißt: "Dauerhafte Entwicklung schließt sonach eine umweltgerechte, an der Tragekapazität der ökologischen Systeme ausgerichtete Koordination der ökonomischen Prozesse ebenso ein wie entsprechende soziale Ausgleichsprozesse.... ."

Der derzeitige Strukturwandel in den neuen Bundesländern eröffnet für die Elbe und ihr Einzugsgebiet die Chance, auf der Basis einer ökologisch orientierten Raumplanung die Voraussetzungen für ein langfristig wirkendes, umweltverträgliches Wirtschaften zu schaffen.

1.3 Ziele und Vorgehensweise

Vorrangiges Ziel der Forschung im Rahmen der "Elbe-Ökologie" des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) ist es daher, im Einzugsgebiet der Elbe Projekte zu fördern, die Wege aufzeigen, wie gemeinsam mit den zuständigen Behörden Konzepte zur dauerhaft-umweltgerechten Landnutzung in unterschiedlichen Natur- und Wirtschaftsräumen in die Praxis umgesetzt werden können. Es sind Managementkonzepte zu entwickeln, die eine flächendeckende Umsetzung sozio-ökonomisch akzeptierter und an die ökologische Tragekapazität der Standorte angepaßter Nutzungsformen erlauben.

Um diese Ziele zu erreichen, ist folgende Vorgehensweise zu berücksichtigen:

  • Das vorhandene Wissen hinsichtlich einer dauerhaft-umweltgerechten (= nachhaltigen) Landnutzung ist aufzuarbeiten und der Ist-Zustand zu dokumentieren.
  • Aufbauend auf vorhandenem Wissen ist das gesamte Einzugsgebiet nach naturräumlichen und sozio-ökonomischen Kriterien zu klassifizieren.
  • Bewertungsmaßstäbe sind festzulegen (vgl. Rahmenkonzept Abschnitt 3.1) und darauf aufbauend Regionen mit ökologischen Defiziten auszuweisen.
  • Für die klassifizierten Räume sind ökologische Leitbilder zu erarbeiten (vgl. Rahmenkonzept Abschnitt 3.1).
  • Zur Behebung ökologischer Defizite sind konkrete Umsetzungsprojekte für repräsentative Räume durchzuführen. Bei der Konzipierung dieser Modellprojekte sind ziel-, d.h. leitbild-konforme EU-, Bundes- oder Länder-Aktivitäten aufzugreifen. Die Umsetzung ist wissenschaftlich zu begleiten und die Ergebnisse sind hinsichtlich der ökologischen und sozio-ökonomischen Zielsetzungen zu analysieren und zu bewerten.
  • Die Erkenntnisse aus den repräsentativen Modellprojekten sind in entsprechende naturräumliche und wirtschaftliche Geltungsbereiche zu übertragen.
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