Einführung
- Im Bereich der Brandenburgischen Elbtalaue bei Lenzen werden derzeit
Möglichkeiten zur Vergrößerung von Retentionsflächen
und zur Wiederherstellung einer natürlichen Flußauenlandschaft
untersucht. Zentraler Bestandteil dieser Maßnahmen ist eine Deichrückverlegung.
Im Rahmen des "Elbe-Ökologie" Projektes, eines vom BMBF geförderten
interdisziplinären Forschungsvorhabens, sollen Leitfragen über
die Wechselbeziehungen zwischen den Standortfaktoren und der Entwicklung
der Biozönose in den Auen exemplarisch untersucht werden. Die Vorhersage
der zu erwartenden Veränderungen der Grundwasserdynamik, ein wesentlicher
abiotischer Standortfaktor, stellen eine wichtige Referenz für die
Untersuchungen und Bewertungen anderer Projektpartner dar. Die TU-Darmstadt
soll hierbei mit Hilfe numerischer Grundwassermodelle die Folgen einer
Deichrückverlegung auf die Grundwasserdynamik prognostizieren, insbesondere
sind die zu erwartenden Veränderungen der Grundwasser- und Flurabstände
sowie das Auftreten von Qualmwasserbereichen hinter der neuen Deichlinie
zu untersuchen.
Abb.1: Lage des Untersuchungsgebietes
- In der norddeutschen Tiefebene wird die Elbe zum breiten, wenig verbauten
und nicht begradigten Strom. Charakteristisch für diesen Fluß
ist das Sommerhochwasser. An der Elbe nennt man diese Ereignisse seit alten
Zeiten "Johanni-Hochwasser". Andererseits sind die Winterhochwasser oftmals
bescheidener als an anderen deutschen Strömen. In den Deichvorländern
hinterläßt der alljährliche Hochwasserrhythmus des Elbstroms
seine Spuren. Hier wechseln Sandbänke, Flutrinnen und Altarme ab.
Durch das Wechselspiel von Ablagerung, Ausspülung, Austrocknung und
Wiedervernässung entstand ein reich gegliedertes Mosaik aus Mulden,
Senken, Flutrinnen, unterschiedlich stark verlandeten Altarmen und - durch
nacheiszeitliche Aufwehungen - Binnendünen, wie die bei Klein Schmölen.
Auf engstem Raum befinden sich in der Elbtalaue Pflanzen und Tiere, die
völlig unter schiedliche Lebensbedingungen benötigen und beispielsweise
an extreme Nässe oder an ausgesprochene Trockenheit angepaßt
sind. Die Reste alter Auenwälder geben der Landschaft ihren besonderen
Reiz .
Abb. 2: Bewohner der Elbtalauen
Das eigentliche Untersuchungsgebietes erstreckt sich von Lenzen bis Wustrow, eingegrenzt von den Flüssen Elbe und Löcknitz. Das Gelände erweckt den Eindruck einer weitläufigen Ebene mit leichten Senken. Lediglich das kleine Wäldchen im Osten unterscheidet sich topographisch durch ein bewegtes Relief. Das Gebiet fällt generell von der Elbe zur Löcknitz sowie von Ost nach West hin ab. Im elbnahen Bereich liegen die Höhen bei 17 m NN, im Bereich des “Bösen Ort” etwa einen Meter höher, während an der Löcknitz Werte um 15,5 m NN gemessen werden (Flemming, 1997). Die nördlich und südlich angrenzenden Gebiete haben im Gegensatz dazu ein wesentlich stärker ausgeprägtes Relief mit aufgewehten Dünen und einer pleistozänen Hochfläche bis zu 45 m ü. NN. Die morphologisch einfache Oberflächengestalt verdeckt ein geologisch kompliziertes System von tief eingeschnittenen Gletscher- und Schmelzwasserrinnen.
Abb. 3: Blick auf den Deich
- Die Auswertung der Flußwasserstände sowie eigene Messungen
bestätigen eine ausgeprägte Grundwasserdynamik, die maßgeblich
von der Interaktion mit der Elbe und der Löcknitz, sowie mit dem Grabensystem
gesteuert wird. Eine Deichrückverlegung stellt einen bedeutsamen Eingriff
in das hydraulische System dar und wird sich - je nach Ausführungsvariante
- weitreichend auf den bestehenden Gebietswasserhaushalt auswirken. Um
die Folgen dieser Maßnahme auf die Entwicklung von Biozönose
und Landwirtschaft quantitativ bewerten zu können, sind Prognosen
zur Veränderung der Grundwasserdynamik während zukünftiger
Hoch- und Niedrigwasserperioden erforderlich. Hierbei wird von folgender
Arbeitshypothese ausgegangen:
Die Kenntnis der räumlichen und zeitlichen
Verteilung der Überstauung nach Deichrückverlegung sowie der
Wechselwirkungen zwischen Oberflächengewässer und Grundwasser
sind Voraussetzung für Prognosen in Hinblick auf Veränderungen
der derzeitigen standörtlichen Bedingungen der Auenbiozönose
im Rückdeichungsgebiet. Die komplizierte hydraulische Interaktion
zwischen Oberflächengewässer und Grundwasser kann nur auf Grundlage
eines physikalisch basierten Modells untersucht werden.
Abb. 4: Löcknitz
- Hinsichtlich der Deichrückverlegung werden derzeit drei Szenarien
diskutiert:
Szenario 1: keine Rückdeichung; Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung
Szenario 2: kurzfristige Rückdeichung in mittlerer Variante (350 ha)
Szenario 3: kurzfristige Rückdeichung in UTAG - Variante (670 ha)
Bei Ausführung des Szenario 1 wird sich keine wesentliche Veränderung gegenüber dem jetzigen Zustand ergeben. Infolge der Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung wird eventuell auch die Bewirtschaftung des Grabensystems eingeschränkt werden. Die sich hieraus ergebenden Veränderungen auf die Grundwasserdynamik sind lokal auf das Gebiet um die stillgelegten Gräben begrenzt. Auswirkungen auf die Qualmwasserentwicklung sind nicht zu erwarten.
Die Szenarien 2 und 3 werfen prinzipiell ähnliche Fragestellungen
auf, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht einzeln diskutiert werden sollen.
Am Beispiel von Szenario 3 sollen die zu erwartenden Veränderungen
im folgenden veranschaulicht werden.
- Durch die Lage der neuen Deichtrasse werden die Grabensysteme weitgehend
vom Vorfluter Löcknitz abgeschnitten (Flemming, 1997). Hierfür
muß, zumindest teilweise, eine Verbindung zur Elbe als neue Vorflut
geschaffen werden. Ohne Entwässerung ist eine Bewirtschaftung der
Flächen im zukünftigen Vordeichgebiet mit Landwirtschaftlichen
Maschinen nur eingeschränkt möglich.
Abb. 5: Grabensystem
Im Hinblick auf die hydraulische Wiederbelebung und die Renaturierung soll das neu gewonnene Vorland durchströmt werden und nicht nur als Polder dienen. Die Schaffung einer durchgehenden Flutrinne soll jedoch nicht erfolgen, um große Fließgeschwindigkeiten im Vorland zu verhindern. Dies soll dazu beitragen, auetypische Prozesse im neuen Deichvorland in Form von Sedimentumlagerungen, Sandtransport, spontanen Reliefveränderungen und den Eintrag von allochthonen Organismen zu reaktivieren. Aus diesem Grund wird eine Lösung angestrebt, bei der die potentiellen Materialentnahmestellen und vorhandenen Gräben im westlichen Teil des Projektgebietes so verbunden werden, daß eine Vorflut zur Elbe gewährleistet ist. Hierdurch muß auch die Entwässerung der vor dem neuen Deich entstehenden Mulden ermöglicht werden, da eine Vernässung des Deichfußes vermieden werden muß. Im Osten des Gebietes soll der Fährdamm an einzelnen Stellen abgetragen und durch Furten ersetzt werden, um eine bessere Einströmung zu gewährleisten.
Die Bemessung des Einstrom- und Abflußbereiches muß von der BAW nach hydraulischen Gesichtspunkten erfolgen, wobei ein Einstrom von Oberstrom ab 1200m³/s Abfluß vorgesehen ist, von Unterstrom jedoch schon ab 900 m³/s erfolgen soll. (MQ=620 m³/s, MHQ=2130 m³/s) Hierdurch erfolgt eine Überflutung des Geländes zuerst von Unterstrom. Hinter der neuen Deichlinie sollten des weiteren Entwässerungsgräben gezogen werden, um die anfallenden Qualmwassermengen ableiten zu können. Ebenso ist es vorgesehen, hinter den Schlitzen im Altdeich Material zu entnehmen, um Sedimenttransporte sandiger Substrate durch Auskolkungsprozesse anzuregen.
Abb. 6: Landwirtschaftliche Nutzung im Untersuchungsgebiet
- Die Grundwasserbeobachtung belegt eine ausgeprägte Grundwasserdynamik,
die maßgeblich von der Interaktion mit Oberflächengewässern
gesteuert wird. Wie bereits erwähnt, bedingt die Anlage von Flutrinnen
Veränderungen der Topographie und letztlich der Mächtigkeit der
Deckschichten. Hierdurch wird der hydraulische Kontakt zwischen Aquifer
und neuem Deichvorland intensiviert. Insbesondere ist an den Materialentnahmestellen
für den Deichneubau ein vollständiger Abtrag der Auelehmschicht
zu erwarten. Dementsprechend werden Bereiche entstehen, in denen der Aquifer
nicht mehr gespannt ist, so daß bei MW (keine Überflutung) die
Dynamik einer im Grundwasser einlaufende Welle an diesen Stellen abgeschwächt
wird. Diese Standorte wirken in diesem Fall entlastend und bei entsprechenden
Gradienten kommt es zur Exfiltration.
Bei Überflutung des neuen Deichvorlandes besteht über diese Flächen ein unmittelbarer Kontakt zum Aquifer. Der Elbwasserstand im Überflutungsraum wirkt, nach Abzug von Eintritts- und Reibungsverlusten, als hydraulisches Potential im Grundwasserleiter. Eine Hochwasserwelle kann nun im Gegensatz zur derzeitigen Situation wesentlich schneller und intensiver ins neue Deichvorland übertragen werden. Je nach Entwässerungsbedingungen und hydraulischem Anschluß können sich des weiteren ausgedehnte Mulden ausbilden, die nach Ablauf der Hochwasserwelle zu einer nachhaltigen Infiltration in den Grundwasserleiter beitragen.
Bei der Errichtung des neuen Deiches ist von einer Unterbrechung des bestehenden Grabensystems auszugehen. Dieser Umstand wirft Fragen nach einer effektiven Ableitung des durch Niederschlag und Qualmwasser gespeisten Oberflächenabflusses im neuen Vordeichsland auf. Diese Fragen sind insbesondere für die Landwirtschaft von Bedeutung, da die Befahrbarkeit und die Bearbeitbarkeit des Oberbodens empfindlich vom Sättigungsgrad des Bodens abhängen.
Die Auswirkungen, die durch das unterbrochene Grabensystem und die dadurch
fehlende Bewässerung im Sommer verursacht werden, sind ebenfalls abzuschätzen.
Infolge der fehlenden Bewässerung von der bei Gandow gestauten Löcknitz
über das Grabensystem, kann bei Niedrigwasser der Grundwasserspiegel
so weit abfallen, daß keine ausreichende Wasserversorgung der Pflanzen
vom Grundwasser über den kapillaren Aufstieg gegeben ist.
- Nach Auswertung vorhandener hydrologischer Unterlagen und intensiver
Ortsbegehung wurde in Abstimmung mit den Projektpartnern für das Untersuchungsgebiet
ein Beobachtungsnetz von 12 Grundwassermeßstellen festgelegt. Hierbei
soll eine flächenorientierte Beobachtung der Grundwasserdynamik bei
möglichst unmittelbarer Erfassung der Grundwasserverhältnisse
einzelner Untersuchungsstandorte erzielt werden. Eine ortsansässige
Bohrfirma wurde mit der Errichtung von 12 Beobachtungspegeln mit PVC-Ausbaumaterialien
von DN 50 = 2" auf einer Tiefe von ca. 5 m unter Geländeoberkante
bei 1 m Filterstrecke (Kiesbelagfilter) beauftragt. Bei der Niederbringung
der Beobachtungspegel wurden Schichtenverzeichnisse angelegt sowie Bodenproben
gewonnen, aus denen die lokale Durchlässigkeit geschätzt werden
kann (Siebanalysen, kf-Versuche, durchgeführt von der Arbeitsgruppe
Bodenkunde, Universität Hamburg). Ferner wurden die Absenkung und
der Pumpendurchfluß beim Klarpumpen als Maß für die Ergiebigkeit
aufgezeichnet. Elf Meßstellen wurden mit automatischen Dataloggern
zur Erfassung des Grundwasserstandes nach dem Einperlprinzip (Orphimedes,
Fa. OTT) bestückt, die eine hochaufgelöste Erfassung der Grundwasserdynamik
erlauben.
Abb. 7: Grundwassermeßstelle
Diese Meßstellen werden ca. alle 2 Monate ausgelesen und regelmäßig
mit einem Lichtlot überprüft. Des weiteren liegen von anderen
Projektpartner weitere Grundwasserbeobachtungsstellen vor (z.B. Untersuchungsfläche
Drei-Felder-Wirtschaft, Humbold Universität Berlin; Intensivstandort
Bodenfeuchtedynamik, Institut für Bodenkunde Hamburg) die in unregelmäßigem
Rythmus mit einem Lichtlot beprobt werden.
- In den Flußauen des Untersuchungsgebietes besteht über die
gut durchlässigen Sande und Kiessande an der Flußsohle ein enger
hydraulischer Kontakt zwischen Oberflächenwasser und Grundwasser.
Somit sind Grundwasserstand und Grundwassergefälle unmittelbar vom
Flußwasserstand abhängig. Charakteristisch für diese Talaquifersysteme
ist ferner die Auelehmdecke, die auf den gut durchlässigen Talfüllungen
aufliegt.
Abb. 8: Vertikalschnitt durch einen Talaquifer
In einem derart geschichteten Grundwasserleiter kann es je nach Grundwasserstand und Randbedingungen zu Übergängen von gespannten zu ungespannten Zuständen kommen. Im gespannten Zustand können sich Druckwellen im Grundwasser vergleichsweise rasch ausbreiten, da eine Dämpfung infolge Auffüllung der ungesättigten Bodenzone nicht mehr gegeben ist. Die Erfassung dieser Übergänge ist vor allem bei der Interpretation von flußnahen Grundwassermeßstellen bedeutsam. Odenwald (1994) legte ein Finite-Elemente Modell zur Berechnung horizontal-ebener, instationärer Grundwasserströmungen vor, mit dem sich der Übergang gespannt-ungespannt adäquat beschreiben läßt. Mit diesem Instrumentarium soll die Grundwasserdynamik in einem Talauenaquifer untersucht werden.
- Mit dem Grundwassermodell werden für diskrete Punkte (Netzknoten)
verschiedene Zustandsvariablen (z.B. Grundwasserstände, Flurabstände,
Leakageraten, Fließgeschwindigkeiten usw.) berechnet. Ergebnisse
der Simulationen sind Isolinienpläne für unterschiedliche Zustände
der Grundwasserstände oder Zeitreihen einer Zustandsvariablen an vorgegebenen
Orten (z.B. Ganglinien der Grundwasserstände).
Abb. 9: Finite-Elemente Netz des Untersuchungsgebietes
- Eingang in die numerische Modellierung finden Informationen über
die Topographie, Hydrogeologie und Hydrologie, welche teilweise in einem
GIS bereitgestellt werden. Zur Bestimmung der Modellparameter wurden Pumpversuche
ausgewertet und 12 Grundwassermeßstellen im Untersuchungsgebiet installiert
und mit Datensammlern ausgestattet. Des weiteren wurden die erforderlichen
Wasserstände der Vorfluter Elbe und Löcknitz, sowie des Grabensystems
gesammelt und ausgewertet. Derzeit erfolgt die Kalibrierung und Validierung
des Modells anhand der erhobenen Daten. Hierbei werden Verfahren zur inversen
Identifikation der Modellparameter (Durchlässigkeits-, Speicher-
und Leakagekoeffizienten) eingesetzt. Aufgrund der nicht-linearen Beziehung
zwischen Modellparametern und beobachteten Standrohrspiegelhöhen wird
zur Lösung dieses Optimierungsproblems ein iteratives, auf der Gauß-Newton-Methode
basierendes Verfahren eingesetzt. Im Verlauf der inversen Parameteridentifizierung
läßt sich als Maß für die Unsicherheit der ermittelten
Parameter eine Approximation der Kovarianzmatrix der Schätzfehler
bestimmen. Hierdurch läßt sich die Sensitivität der beobachteten
Standrohrspiegelhöhen hinsichtlich einzelner Parameter und letztlich
deren Identifizierbarkeit beurteilen.
- Jede Modellierung eines natürlichen Systems beinhaltet eine Reihe
von Unsicherheiten. Zum einen sind die in die Berechnung eingehenden Naturmessungen
fehlerhaft, zum anderen stellt das Modell aufgrund der beschriebenen vereinfachten
Annahmen und Approximationen nur eine Näherung der Natur dar (Montenegro,
1995). Es ist sehr wohl möglich mit sehr gut geeichten Modellen sehr
mangelhafte Prognosen zu berechnen (Kinzelbach, 1995). Dies tritt vor allem
auf, wenn der Prognosefall im Vergleich zum Kalibrierungsszenario sehr
unterschiedliche hydraulische Bedingungen beinhaltet. In diesem strengen
Sinne kann ein Modell nicht validiert werden.
Häufig wird die Anwendung eines geeichten Modells auf einen gemessenen Zustand, der nicht zur Kalibrierung diente, als Modellvalidierung bezeichnet (Kinzelbach, 1995). Hierbei ist anzustreben, möglichst unterschiedliche hydrologische Randbedingungen realitätsnah nachzuvollziehen, ohne Modifizierung der bei der Kalibrierung bestimmten Aquiferparameter. In diesem Kontext ist eine Quantifizierung der Parameterunsicherheit und deren Auswirkung auf die Prognosefähigkeit von grundsätzlichem Interesse.
Obwohl ein Modell aufgrund der inhärenten Unsicherheiten kaum den Anspruch erfüllen kann, die Wirklichkeit exakt abzubilden, bestehen unterschiedliche Strategien um mit Hilfe von Prognoserechnungen Handlungsalternativen einer Deichrückverlegung zu untersuchen und zu bewerten. Hierbei wird man versuchen, verschiedene, von den Parameterwerten her in sich konsistente Szenarien zu entwerfen, um die obere und untere Schranke des tatsächlichen Geschehens abzuschätzen. Beispielsweise werden mit dem geeichten Grundwassermodell charakteristische Abflußsituationen (Niedrigwasser, Mittelwasser und Hochwasser) sowie deren Übergänge simuliert. Nach einer Überprüfung der Ergebnisse auf ihre Plausibilität hin werden die Parameter/Randbedingungen, die mit Unsicherheiten behaftet sind, innerhalb hydrogeologisch sinnvoller Grenzen variiert und eine erneute Modellberechnung durchgeführt. Anschließend sind die Auswirkungen der Parametervariation auf das Berechnungsergebnis zu bewerten und zu entscheiden, ob die Unschärfe in der Prognoseberechnung akzeptabel ist (Kinzelbach, 1995).
Ob die Meßphase während der bewilligten Projektlaufzeit von
nur zwei Jahren ausreicht, um einerseits für eine Modellkalibrierung
geeignete hydraulische Bedingungen (möglichst große Dynamik)
zu erfassen und andererseits weitere Beobachtungszeiträume zur Überprüfung
der Prognosefähigkeit aufzuzeichnen, bleibt abzuwarten.
- Das Projektübergreifende Ziel fundierter Prognosen zur Auenregeneration
und Auwaldentwicklung nach einer Deichrückverlegung kann nur interdisziplinär
erfolgen. So sind neben den hydraulischen Verhältnissen vor allem
die zu erwartenden Wechselwirkungen im Hinblick auf die physikalisch-chemischen
Bodeneigenschaften, die aktuellen Vegetation, die Nutzungsgeschichte, die
Verbreitung und Aktivität tierischer Schlüsselorganismen u.v.m.
von den beteiligten Projektpartnern im Detail zu untersuchen. Die Zusammenarbeit
mit den Projektpartnern wird infolge der Interdependenz einzelner Teilergebnisse
deutlich zunehmen. Die Zusammenarbeit ist bislang von hoher Kooperationsbereitschaft
geprägt.
Das eingesetzte numerische Instrumentarium wurde zum Teil auf auenspezifische
Bedingungen angepaßt (Übergang von gespannten zu ungespannten
Verhältnissen, Berücksichtigung von In- und Exfiltration, Schnittstelle
zum hydrodynamischen Modell im Überflutungsfall). Aus diesem Grunde
besteht großes Interesse zu einem Methodenvergleich mit anderen Grundwasserprojekten
im Rahmen des "Elbe-Ökologie" Forschungsverbundes.
- Im Rahmen der Deichrückverlegung soll ein Teil des erforderlichen
Baumaterials im Untersuchungsgebiet entnommen werden, wobei dadurch gezielt
Flutrinnen gestaltet werden. In diesen Bereichen wird die Auelehmdecke
aufgebrochen, und dadurch ein sehr guter hydraulischer Kontakt des Überflutungsraumes
zum Aquifer hergestellt. Zur Prognose der zukünftig entstehenden Situation
ist dementsprechend die Interaktion zwischen Grundwasser und überflutetes
Vorland während eines Hochwasserereignisses adäquat abzubilden.
Holfelder, T., 1997. Einsatz und Bewertung eines inversen Verfahrens zur Modellierung der Grundwasserdynamik in Flußauen. Vertieferarbeit am Institut für Wasserbau der Technischen Universität Darmstadt (unveröffentlicht).
Kinzelbach, W., Rausch, W., 1995. Grundwassermodellierung. Gebrüder Berlin - Stuttgart: Bornträger. ISBN 3-443-01032-6.
Montenegro H., 1995. Parameterbestimmung und Modellierung der Wasserbewegung in heterogenen Böden. Dissertation. Institut für Hydromechanik der Universität Karlsruhe (TH). Fortschritt-Berichte VDI Reihe 15, Nr. 134. VDI-Verlag, Düsseldorf.
Montenegro H., Holfelder T. , 1998. Untersuchung der Auswirkungen wasserbaulicher Eingriffe auf die Grundwasserdynamik in Flußauen. Tätigkeitsbericht an die LAGS (unveröffentlicht).
Odenwald, B., 1994. Parameteridentifizierung bei numerische Grundwasserströmungsmodellen.
Dissertation. Institut für Hydromechanik der Universität Karlsruhe
(TH). Fortschritt-Berichte VDI Reihe 15, Nr. 125. VDI-Verlag Düsseldorf.